Alles ohne tierische Produkte: Im angesagten Berliner Stadtteil Friedrichshain hat die Rewe Group einen komplett veganen Supermarkt eröffnet. Kann das Konzept funktionieren? Von Tom Garus.
Es ist ein Versuch, den die Rewe Group an der Warschauer Straße in Berlin-Friedrichshain startet, einer angesagten Wohn- und Ausgehgegend mit jungem, internationalem Publikum. Das Ziel: neue vegane Produkte ausprobieren und neben Veganern vor allem das wachsende Potenzial an Flexitariern gezielt ansprechen. Immer häufiger nämlich probieren auch Nicht-Veganer Fleisch-, Ei- und Milchersatzprodukte aus.
Wenn man sich mit dem Angebot schwerpunktmäßig an Flexitarier richten möchte, wäre dann nicht ein regulärer Supermarkt mit einem stark erweiterten pflanzlichen Sortiment sinnvoller?
Wenn Flexitarier A sich komplett vegan ernährt außer Käse, Flexitarier B komplett außer Milch und Flexitarier C alles außer Honig, wären alle drei keine Kunden für einen rein veganen Laden, es seidenn sie kaufen zusätzlich woanders.
Ich hätte es sinnvoller gefunden, in den normalen Läden kontinuierlich das Sortiment an Alternativen auszubauen und diese Alternativen ähnlich prominent und zu attraktiven Preisen anzubieten.
"Für die Kunden, die rein pflanzlich leben, ist es schön, weil sie nichts mehr umdrehen müssen, sie müssen nichts mehr prüfen", erklärt Rewe-Projektmanagerin Isabell Kroll das Konzept. Sie hat den veganen Markt für Rewe entwickelt.
Aber wieso man sich damit dann "vor allem an Flexitarier" richtet, verstehe ich trotzdem nicht. Produkte umdrehen werden in der Praxis ja eher die Leute machen, die strikt auf vegane Ernährung achten. In meinem Umfeld gibt es einige Leute, die wenig oder kein Fleisch essen, statt Kuh- lieber Pflanzenmilch in ihren Kaffee schütten usw. Aber wenn Flexitarier dann Lust auf eine Packung Kekse haben, achten sie meiner Erfahrung eher nicht darauf, ob jetzt in der Zutatenliste Eier drin sind oder nicht.
Für mich persönlich wäre so ein rein veganer Laden praktisch, da ich mir dann das Umdrehen sparen kann. Das kann ich mir aber auch, wenn einfach die Produkte selbst oder die Preisschilder am Regal entsprechend gekennzeichnet sind (was ja zum Glück immer häufiger so ist).
Und ich bleibe bei der Meinung, dass die meisten Nicht-Veganer nicht in einem Rein-Veganen laden einkaufen werden. Oft sind ja auch nicht alle Familienmitglieder vegan.
Der positive Effekt wäre größer, wenn in normalen Läden die Auswahl entsprechend groß ist. Dann entdeckt man die Alternativen spontan beim Stöbern und probiert sie mal aus.
Ich würde auch sagen, dass z.B. bei Lidl viele vegane Produkte (Spätzle, Schupfnudeln, Blätterteig, Aufbackbrötchen, Zartbitterkekse uvm.) auch von Leuten gekauft werden, die ÜBERHAUPT nicht auf vegane Produkte achten, sondern einfach kaufen, worauf sie Lust haben. Und angesichts der noch immer noch recht kleinen Anzahl an Veganern an der Gesamtbevölkerung ist der Effekt vermutlich höher, wenn ALLE im normalen Supermarkt "versehentlich" 10% mehr vegan kaufen.
Außerdem kommt so der ein oder andere vielleicht auf den Geschmack und denkt sich "wieso sind in Spätzle eigentlich sonst Eier, wenn's so genauso schmeckt?" und probiert dann vielleicht mal aus Spaß den nächsten Veganuary aus. Auch den bewerben Aldi, Lidl und Co. ja immer ziemlich groß in ihren Prospekten. Und längerfristig führt dass vielleicht zu einem Anstieg der Veganer. :)