Hört auf eure Kinder, achtet auf Alarmzeichen, auch wenn andere euch schief ansehen.
Warum? Vor knappen 1,5 Jahren hatte unser Sohn regelmäßig Kopfschmerzen beim Abholen vom Kindergarten. Teilweise musste er mit Eimer im Schoß heimfahren wegen Übelkeit. Außerdem soziale Unsicherheit und enorme Wutausbruche Zuhause. Keine kindliche Unbeschwertheit.
Im Kindergarten gab es immer wieder Ärger mit einem aggressiven Jungen, der gerne mal zugehauen hat. Auch unser Sohn hat von Schlägen auf den Kopf berichtet.
Auf Ansprache bei den Erzieherinnen wurde runtergespielt, es sei ja schon besser geworden bla bla bla, man hat das Im Blick. Man sei im Dialog mit den Eltern.
Wir haben dann beschlossen, den Kindergarten ein halbes Jahr vor Schulbeginn ohne großes Aufheben zu verlassen. Von den anderen Eltern wurden wir schräg angesehen, das Problem wurde ja generell runtergespielt. Die Gründe habe ich der Anleitung deutlich gesagt. Das wurde aber mit Sicherheit nichts von ans Team weitergegeben.
Heute traf meine Frau andere Eltern, die aus dem Kindergarten geworfen wurden, weil der Vater den Prügeljungen angeschrien hatte, als er mit ansehen musste, wie sein Kind von diesem im Schwitzkasten ins Gesicht geschlagen wurden. Weitere Berichte erzählen von Schlägen mit einem Plastikrohr und einem geplatzten Trommelfell (!!!).
Weder denen noch uns wurde geholfen, wir wurden eher noch als etwas seltsam angesehen, dass wir so einfach kurz vor Schluss gehen. "Und dem armen Kind sein gewohntes Umfeld entreißen, gerade jetzt im Übergang...usw usf." Die anderen wurden rausgeworfen, weil der Vater beschloss, in die Konfrontation zu gehen.
Naja.
Beiden Kindern geht es heute deutlich besser. Beide Kinder haben aber immer noch Angst vor etwas gröberen Charakteren, und wieder lernen, normal und ohne Angst vor plötzlichen Schlägen auf andere Kinder zuzugehen.
Der Vollständigkeit halber: Sowas kann natürlich in allen Einrichtungen vorkommen. Es handelte sich bei uns um einen Waldorfkindergarten. Nicht nur deren Weltbild, sondern auch die Vereinsstruktur und die Selbstverwaltung begünstigen die Herausbildung von ungünstigen Machtstrukturen (und das Wegsehen bei "Problemfällen"). Auch wenn mir immer wieder gesagt wird (bin beruflich an die Ökoszene angedockt), es gibt auch auch ganz tolle Beispiele, bin ich persönlich fertig damit.
Erstmal gut dass es bei euch besser geworden ist und dein Kind hat Glück dass du es ernst genommen hast und es braucht definitiv Eltern, die die Themen auf den Tisch legen, wenn es in der Einrichtung verschwiegen wird.
Nur wunder ich mich, dass du sagst, die Struktur würde ungünstige Machtverhältnisse begünstigen. Teil der Struktur ist ja wie du sagst, Selbstverwaltung. Das heißt dass es eben KEINE einzelne Leitung gibt. Es heißt auch regelmäßige und ständige Kollegiums-Arbeit, Reflektion und Selbsterziehung der Erwachsenen.
Natürlich passieren diese Sachen in vielen Einrichtungen. Und natürlich auch in manchen Waldorfkindergärten. Aber meine Erfahrungen in verschiedenen Einrichtungen, staatlich und Waldorf, sagen mir dass die Wahrscheinlichkeit höher ist in den staatlichen Einrichtungen, dass solche und ähnliche Sachen passieren. Allein schon, weil dort mehr Menschen arbeiten, die nicht ausreichend ausgebildet sind. Aber auch aus anderen Gründen.
Der Punkt ist folgender:
Wenn etwas schlechtes in einer staatlichen Einrichtung passiert dann beschweren sich die Menschen über diese eine Einrichtung. wenn etwas in einer Waldorfeinrichtung passiert, dann beschweren sich die Menschen über Waldorf im Allgemeinen.
Wenn es "nur" das wäre, könnte man sich ja durchaus auf den Standpunkt stellen, dass eine hinreichende Abgrenzung der heutigen Anthroposophen von diesen Positionen ausreicht. In meinen Augen ist das Problem, dass Anthroposophie eine quasireligiöse Weltanschauung mit einem sehr bemerkenswerten Wissenschaftsverständnis und recht problematischem Menschenbild ist. Ich bin immer wieder erstaunt, von was für einem offensichtlichem Unsinn sich Menschen überzeugen lassen.
Und heute werden da immer noch Erziehungsansätze verfolgt die auf Esoterik beruhen und im direkten Gegensatz zu wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Ich würde meine (hypothetischen) Kinder niemals in so eine Einrichtung schicken.
Ein Mensch, der heute von dem Ideal von Rassen und Nationen und Stammeszugehörigkeiten spricht, der spricht von Niedergangsimpulsen der Menschheit. Und wenn er in diesen sogenannten Idealen glaubt, fortschrittliche Ideale vor die Menschheit hinzustellen, so ist das die Unwahrheit, denn durch nichts wird sich die Menschheit mehr in den Niedergang hineinbringen, als wenn sich Rassen-, Volks- und Blutsideale fortpflanzen.
Dieser grundsätzlichen Überzeugung Rudolf Steiners stehen überlieferte Äußerungen gegenüber, die deutlich machen, dass auch er keineswegs frei war von den in seiner Zeit verbreiteten Ressentiments gegenüber Menschen anderer Hautfarben und aus anderen Kulturen.
Jaja der war grundsätzlich gegen sowas wie das Konzept der Arier als Herrenrasse, er mochte halt alle Weissen. Aber, ihr wisst schon, es war damals halt üblich braune Menschen suspekt zu finden, das muss man schon verstehen.
Weißte anstatt den zu verteidigen könnte sich die Waldorfszene auch einfach von dem Menschen Distanzieren und zugeben, dass der vielleicht nicht optimal war. Viele Organisationen wurden von schwierigen Charakteren gegründet, ist ja keine Schande.
Wenn die Mutter des Problems im Vorstand sitzt, wird es bereits schwierig. In diesem Fall gab es eine Erzieherin, die die Leitungsfunktion übernommen hat, dem Vorstand untergeordnet.
Wenn die Leitung dann aber auch im Vorstand sitzt und sich dann auch noch zum Personalvorstand macht, habe ich niemanden, bei dem ich mich bei Problemen mit der Leitung melden kann. Das meine ich mit ungünstigen Machtstrukturen. Immer begünstigt von zu viel Arbeit auf zu wenigen Schultern, Gleichgültigkeit und geschickter Ausnutzung von Lücken in der Satzung. Dass das nicht der Idealvorstellung entspricht, weiß ich, aber Mal ehrlich wo und wie oft funktioniert das System genau so, wie es soll- ohne Knirschen.
Ich habe nichts gegen Waldorf im allgemeinen, ich bin persönlich fertig damit. Ich kenne und schätze viele Leute, die da voll am Start sind.
Ich selbst durfte die Erfahrung machen, dass ich von den Leuten in der Szene bemitleidet wurde, weil ich mein Kind aus der behüteten Waldorfwelt genommen und in einen "Regelkindergarten" gesteckt habe. Dass in dem einen Gewalt zugelassen wurde und der andere wirklich liebevoll war, wurde ausgeblendet.
Den Punkt der Selbsterziehung und der besondere Verantwortung der Erziehenden sehe ich auch kritisch. In Zeiten massiven Personalmangels gab es dort leider nicht die Creme de la Creme an selbstreflektiertem Vorzeigepersonal, sondern halt die die man bekommen hat. Oder die, die Leitung nicht rausgeekelt hat, weil sie ihr zu viel eigene Meinung hatten.
natürlich. das sehe und verstehe ich. und da stimme ich dir zu, dass das furchtbar ist und diese Einrichtung sich echt deutlich besser müsste.
aber Mal ehrlich wo und wie oft funktioniert das System genau so, wie es soll- ohne Knirschen.
genau das. hat wenig mit der Struktur zu tun, sondern eben mit menschlichen Fehlern und Fehlern in der einzelnen Einrichtung.
Offensichtlich wird hier jetzt eh nicht viel Wert auf Argumentation gelegt (von dir, OP, abgesehen).
ich habe nie gegen deine Erfahrungen oder gegen irgendwas argumentiert, sondern nur meine Erfahrungen und Expertise auf dem Gebiet angeboten. Siehe den Letzten Satz von meiner Antwort
Wenn etwas schlechtes in einer staatlichen Einrichtung passiert dann beschweren sich die Menschen über diese eine Einrichtung. wenn etwas in einer Waldorfeinrichtung passiert, dann beschweren sich die Menschen über Waldorf im Allgemeinen.