Die FDP steht am Abgrund und kämpft ums Überleben. Sind ihre Prinzipien noch zeitgemäß oder ist die Partei ein Relikt der Vergangenheit?
Thüringen 1,6 Prozent. Sachsen 0,9 Prozent. Brandenburg 0,8 Prozent. Das sind Ergebnisse einer Splitterpartei. Die Tierschutzpartei war in Sachsen erfolgreicher, in Brandenburg eine Partei namens Plus. Das sind aber auch Ergebnisse einer Regierungspartei, der FDP. Bei den Septemberwahlen sind die Liberalen gedemütigt worden. Die Botschaft der ostdeutschen Wähler ist eindeutig: Wir brauchen diese Partei nicht.
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Praktisch der gesamte wirtschaftspolitische Sachverstand des Landes findet, dass Deutschland massiv investieren muss, um wieder auf die Beine zu kommen. Die Liberalen finden, dass Deutschland massiv sparen muss. Seit Anfang des Jahres propagieren sie eine liberale "Wirtschaftswende", Anfang Juli wurde daraus eine "Wachstumsinitiative" mit einem Sammelsurium an Maßnahmen. Jetzt ist Ende September, beschlossen ist im Bundestag so gut wie nichts. Scheint alles nicht so dringend zu sein.
Zwei Drittel der Deutschen sind für ein Tempolimit auf Autobahnen. Die einen wegen der Ökologie. Die anderen, weil ihnen die Aggro-SUVs, die von hinten auf sie zuschießen, unangenehm sind. Wieder andere, weil sie im Auslandsurlaub erleben, dass es unterwegs auch entspannter zugehen kann. Mit den Liberalen ist darüber nicht zu reden. Die sind dann gleich auf 180. Sie sehen die Freiheit in Gefahr. Oder jedenfalls das, was sie unter Freiheit verstehen.
2017 ließ Christian Lindner die Koalitionsverhandlungen mit Angela Merkel und den Grünen platzen. "Besser nicht regieren als schlecht regieren", lautete die Begründung. Seit drei Jahren regiert Lindner mit SPD und Grünen – und zwar schlecht. Nein, nicht nur weil die Koalition sich in einen Dauerstreit verstrickt hat. Auch weil die Liberalen sich als wankelmütige, unzuverlässige Partner erwiesen haben. Im Bundeskabinett ließen sie Habecks Heizungsgesetz durchgehen, im Bundestag machten sie Opposition dagegen. In der EU stimmte die Regierung dem Zeitplan für den Umstieg vom Verbrenner zur Elektromobilität zu, in allerletzter Minute torpedierten die Liberalen den Kompromiss. Sie blamierten Deutschland.
Kurz vor den Wahlen im Osten blamierte sich die FDP selbst – mit der Forderung nach kostenfreiem Parken in unseren Innenstädten. Unter Verkehrsexperten, Stadtplanern und Bürgermeistern gibt es einen breiten Konsens: Wer die Innenstadt attraktiv machen will, muss sie für Menschen attraktiv machen, nicht für Autos. Kopenhagen, Wien, London, Paris, Tallin, das sind Städte, deren Mobilitätsstrategie international als vorbildlich gilt. Kostenloses oder billiges Flatrate-Parken sehen sie nicht vor. Liberale gelten als weltläufige Menschen. Sie können aber auch schrecklich provinziell sein.
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Heute tritt Lindner auf wie der Cheflobbyist des Status quo. Ein politischer Vermögensberater, der Unternehmern und anderen Wohlhabenden Schutz vor dem Sozialismus und grünen Umtrieben verspricht. In ihrer Geschichte hat die FDP mehrfach versucht, aus dieser Nische der Klientelpolitik herauszukommen. Karl-Hermann Flach war einer der Autoren der legendären Freiburger Thesen der FDP. Vor mehr als einem halben Jahrhundert wollten die Liberalen mit diesem Programm mehr werden als eine gutbürgerliche Honoratioren-Partei. Sie wollten in die Gesellschaft hineinwirken, auch andere Schichten erreichen. Sie hielten einen sozialen Liberalismus für möglich.
Jahrzehnte später unternahm Guido Westerwelle einen ähnlichen Versuch. Seine "Strategie 18" hatte dasselbe Ziel, nämlich die Partei aus dem 5-Prozent-Ghetto ihrer Stammwähler herauszuholen. Nur versuchte er es nicht mit sozialem Liberalismus, sondern mit radikalem Neoliberalismus. Das entsprach in den Nullerjahren durchaus dem Zeitgeist. Im Wahlkampf 2009 holte die Westerwelle-FDP 14,6 Prozent, mehr als je zuvor oder danach. Die Liberalen zogen in die Regierung Merkel ein, es wurde allerdings ein Desaster. CSU und FDP beschimpften sich gegenseitig als "Wildsau" oder "Gurkentruppe". Ähnlichkeiten mit der Ampelkoalition sind zufällig. Oder nicht?
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Die Frage lautet nicht: Wer braucht die FDP? Sondern: Wer braucht diese FDP? Eine Partei, die ihren wirtschaftspolitischen Sachverstand gegen die Vodoo-Ökonomie der Schuldenbremse eingetauscht hat. Obwohl die Wirtschaft stagniert, die Industrie leidet, Volkswagen in die Krise gerät.
Jetzt plötzlich haben die Liberalen auch Migration und innere Sicherheit als zentrale Probleme des Landes entdeckt. Das hat sie jahrelang eigentlich nicht interessiert. Polizei und Justiz forderten wieder und wieder mehr Rechte: Telekom und Vodafone sollten die Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern, es ging um mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum, um die Gesichtserkennung bei der Fahndung im Internet. Immer kam ein Datenschutzbeauftragter um die Ecke und erklärte, warum das nicht geht. Fast immer war es ein Liberaler.
Polizei und Justiz forderten wieder und wieder mehr Rechte: Telekom und Vodafone sollten die Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern, es ging um mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum, um die Gesichtserkennung bei der Fahndung im Internet. Immer kam ein Datenschutzbeauftragter um die Ecke und erklärte, warum das nicht geht. Fast immer war es ein Liberaler.
Das einzig Sinnvolle was diese Partei je zu Stande gebracht hat und dann wird es hier zerrissen.
Ich glaube, das sollte eher den Kontrast zeigen zu Zeiten als die FDP noch was sinnvolles vorzuweisen hatte. Dass ausgerechnet diese Partei jetzt plötzlich auf Law & Order macht, zeugt von Verzweiflung und Werteverlust.
Hab ich mir auch gedacht. Das die völlig unnötigen Eingriffe in unsere Grundrechte nicht völlig Widerstandslos angenommen werden ist das mindeste was ich von einer selbst ernannt "liberalen" Partei erwarte. Eigentlich auch von den Grünen aber schätze mal da war meine Brille zu stark gefärbt.
Bei den Grünen passt es wenigstens dazu, dass sie meistens der Fußabtreter der FDP sind. Die FDP hat da keinerlei Entschuldigung, sind tritt immer und immer wieder als Partei der brachialen Blockade auf.
Die "Freiheit", die "liberale" Parteien meinen, wenn sie davon schwadronieren, ist immer die Freiheit der Reichen, zu machen, was sie wollen. Die Grünen sind nicht viel mehr, als eine Öko-FDP. Grundrechte interessieren die nur, wenn man sie benutzen kann, um damit Wähler zu ködern. Das ist auch nicht neu, unter Schröder haben die auch schon fleißig Grundrechte mit abgebaut.
Die FDP macht das schon sehr lange. Jedes Mal, wenn sie mitregieren, machen die ohne Rücksicht auf Verluste Klientelpolitik für ihre Spender, dann warten sie ein paar Wahlperioden, bis wieder Gras über die Sache gewachsen ist und verarschen naive Deppen mit einer trendigen Werbekampagne, die hauptsächlich auf Erstwähler zielt.
Für ihre Finanzierung ist die FDP nicht auf ein gutes Wahlergebnis angewiesen, die sind so korruptt, dass sie genug "Spenden" bekommen, um sich bequem mittels Luxusyacht über Wasser zu halten.
Ich dachte schon, dass es an unserer späten Geburt liegt, aber weit gefehlt:
Bis in die 1950er Jahre hinein standen einige Landesverbände der FDP rechts von den Unionsparteien, die ihrerseits anfänglich noch Konzepten eines christlichen Sozialismus nachhingen. Mit national orientierten Grundwerten wurde um Stimmen auch ehemaliger Nationalsozialisten und Beamter des NS-Staates geworben. So ist es dann für die damalige Einordnung bezeichnend, dass die FDP im Deutschen Bundestag stets „rechts außen“ zu finden war, indem ihr die Plätze rechts von der Union zugewiesen werden.
Diese Partei hat leider sehr viel Verstand und setzt ihn skrupellos ein, um immer wieder das maximal Mögliche für ihre Klientel herauszuholen.
Die FDP weiß ganz genau, dass was auch immer sie treiben, das in 2-3 Wahlperioden wieder vergessen ist. Wer hat sich denn bei der letzten Bundestagswahl noch daran erinnert, dass sie vorletztes Mal, als sie mitregiert haben, der Hotelbranche eine Senkung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen auf 7% gegen eine "Spende" des Mövenpick-Konzerns von einer lausigen Million verkauft haben? Unsere Qualitätsjournalisten erinnern sich ja auch nicht mehr daran. Und die dummen Erstwähler, die auf trendige Plakate und irgendwelches hohles Geschwätz von Bildung, Bubatz und Bürokratieabbau reinfallen, schon gar nicht.
Und die "Partei" Plus ist anscheinend ein Zusammenschluss aus Piraten, ödp und Volt die gemeinsam als Listenvereinigung antreten. Brandenburg ist das einzige Bundesland, dass so ein Konzept bei Landtagswahlen erlaubt. Sachen gibt's.
Würde mich nicht wundern, wenn das Gerichte in den anderen Bundesländern als 'Vorbeischummeln an der 5%-Hürde' sehen würden und das Konzept aus diesem Grund nicht so weit verbreitet ist.
Interessant find ich's trotzdem und würde es begrüßen, das auch in anderen Bundesländern, wie in meinem geliebten Sachsen-Anhalt, zu sehen.
Sie FDP ist mit dem Auftrag angetreten, grüne Politik soweit wie möglich zu beschädigen um gewissen Kreisen weiterhin schmutzige Rendite zu ermöglichen.
Ich hätte nicht gedacht, dass sie dazu bereit sind dieses Ziel bis zum eigenen Untergang zu gehen, aber sie sind tatsächlich nicht unerfolgreich.
Seit Anfang des Jahres propagieren sie eine liberale "Wirtschaftswende", Anfang Juli wurde daraus eine "Wachstumsinitiative" mit einem Sammelsurium an Maßnahmen. Jetzt ist Ende September, beschlossen ist im Bundestag so gut wie nichts. Scheint alles nicht so dringend zu sein.
Jetzt ist es ein "Herbst der Entscheidungen". Diese Phrase haben sie schon Tage vor der Brandenburg Wahl genutzt und meinten damit ihre Politik.
Jetzt kommt der Winter der Sozialen Kälte, Bürgergeld wird gestrichen, wer nicht arbeitet wird direkt abgeschoben. Erbschaftssteuer über 1 mio € wird auf 0% gesenkt.
Ich befürchte, dass ein Großteil dieser Partei mittlerweile derartig verblendet ist. Gab mal nicht wenige Sozialliberale in der FDP, heute gefühlt nur noch die mahnende Stimme von Gerhart Baum.