Viele Bürger – selbst Spitzenverdiener – verorten sich in der Mittelschicht, obwohl sie weitaus besser verdienen. Dahinter steckt viel mehr als die Angst vor Neid.
Ich meine nur etwa ein Prozent der Deutschen lebt vom eigenen Vermögen ohne Arbeit.
Da fehlen mit Sicherheit die Leute, die nicht arbeiten müssten, es aber trotzdem tun. Außerdem passt es doch trotzdem: Wir müssen uns davon lösen, dass "die Mitte der Gesellschaft" auch automatisch ihre größte Gruppe ist. Eine starker Mittelschichtsbauch ist historisch doch eher eine Ausnahme. Wohlstand wird pyramidenförmig verteilt.
Es mag historisch gesehen eine Ausnahme sein, aber erstrebenswert ist es allemal. Von daher macht es schon Sinn es zu messen, und als negativ zu beurteilen, wenn diese "Mitte der Gesellschaft" nicht mehr die größte Gruppe darstellt.
Wenn wir uns von dieser Vorstellung lösen geben wir uns geschlagen und akzeptieren, dass es nur "die Reichen" und "die Armen" gibt.
Ist kein Strohmann und ich führe den Punkt gerne weiter aus: Du kannst eine Gesellschaft aus zwei Richtungen denken und zwar entweder, dass alle gleich sind und es einen Mechanismus gibt, über den Priviliegen verteilt werden oder du denkst sie von der Mitte aus und verteilst Privilegien und Benachteiligungen. Dann musst du aber auch benennen können, wenn du benachteiligen willst. Über einen Verteilungsmechanismus wirst du es jedenfalls kaum schaffen, eine starke Mittelschicht nachhaltig zu etablieren.
Wenn alle gleich sind und es einen Mechanismus zur Verteilung von Privilegien gibt, dann hast du auch nur wieder Arm und Reich (an Privilegien) an den Rändern der Mitte.
Niemand soll meiner Meinung nach Arm sein. Nur wird es Abseits von Utopien immer Menschen mit mehr und weniger (als andere haben) geben. Das Ziel muss sein, die Außreißer in beide Richtungen so klein wie möglich zu halten und dafür zu sorgen, dass die "Armen" ein lebenswertes Leben haben - sie also als arm gelten (rechnerisch nicht zur Mitte der Gesellschaft zählen), es aber nicht sind.
Je mehr Menschen in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt sind, desto kleiner die Scher zwischen Arm und Reich, desto größer der soziale Friede. Du hast anfangs davon geschrieben, dass wir uns davon lösen müssen es negativ darzutellen, wenn die Mitte der Gesellschaft schrumpft. Dem Widerspreche ich, denn je kleiner die Mitte der Gesellschaft desto größer wird die Ungleichkeit - das Gegenteil deines Anliegens.